Heute lese ich in meiner Tageszeitung (NOZ vom 13.03.2021) den Test eines neuen Modells aus dem VW-Konzern. Kurzer Auszug:
„Je neuer, desto besser? In der Autobranche wird gerne diesem Glaubenssatz gefolgt, dabei gibt es genügend Beispiele dafür, dass nicht jede moderne Entwicklung durch und durch positiv ist. Im … findet sich nicht die allerneueste Version der Cockpit-Technik. Und das ist ausgesprochen positiv. Hier gibt es etwa noch einen konventionellen Lautstärkeknopf, der in Modellen der jüngsten Generation fehlt, und das Licht wird noch mit einem verständlichen Schalter bedient…“
Das erinnert mich sehr an das Thema Digitalisierung im Unternehmensbereich. Ich bin ja selbst gerne digital unterwegs, komme aber ursprünglich aus einer analogen Welt. Und schätze beides. Je nachdem, was im konkreten Fall die schnellere, verständlichere und kostengünstigere Lösung bietet.
Je mehr die Digitalisierung als unumgängliches Heilmittel herausgehoben wird, umso mehr fühlen sich Unternehmen abgehängt, die auch mit herkömmlichen Mitteln erfolgreich sind und durchaus Zukunft haben können.
Bei der vorwiegend kleinbetrieblichen Struktur in Baugewerbe, Landschaftsbau und Produktionsgartenbau sind Big-Data-Lösungen unerreichbar und sollten nicht zu einer frustrierten Abkehr von sinnvollen digitalen Lösungen führen. Keiner will heute mehr zu den unleserlichen, handschriftlichen Tagesberichten zurück. Die mobile Datenerfassung stellt einen unbestreitbaren Fortschritt dar. Eine lückenlose, voll integrierte, digitale Erfassung aller Vorgänge im Unternehmen ist eine ganz andere Sache. Big Data ist für Big Companies gedacht. Da bringt es den großen Nutzen. Dort ist die benötigte Transparenz aber auch nur mit solchen Mitteln erreichbar.
ZieglerControl befasst sich ausschließlich mit Small-Data-Lösungen für einige ausgewählte Probleme. Sie sollen Lücken schließen in den vorhandenen IT-Systemen.
Einen ähnlich pragmatischen, aber umfassenderen Ansatz verfolgt der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau BGL mit der „Prozesslandkarte Digitalisierung 4.0“. Von Lucas Winkler im Rahmen einer Bachelorarbeit entworfen, hat der BGL diese Übersicht über digitalisierbare Funktionen im Unternehmen aufgenommen und weitergepflegt. Darin wird der Entwicklungsstand der verschiedenen Ansätze aufgezeigt und die Dringlichkeit einer Implementierung eingeschätzt. Sehr verdienstvoll!
Eine verständliche Definition und Einordnung von Small Data findet sich >>>hier.
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Wolfgang Ziegler (Donnerstag, 22 Juli 2021 18:59)
NACHTRAG
Der erhoffte Digitalisierungsschub auf Grund der Corona-Pandemie hat die Baubranche wohl nicht oder nur am Rande erreicht. Das ist ein Ergebnis der diesjährigen Branchenstudie „BauInfoConsult Jahresanalyse 2021/2022“.
Ein Pressebericht vom 20.07.2021 fasst zusammen:
"Für die Studie hat das Düsseldorfer Unternehmen BauInfoConsult 600 Architekten, Bauunternehmer, Dachdecker/Zimmerer, Maler/Trockenbauer und SHK-Installateure in telefonischen Interviews zu den wichtigsten Branchentrends und Entwicklungen befragt. Dabei sollten die befragten Bauprofis unter anderem auch dazu Stellung nehmen, ob sie durch Corona einen Digitalisierungsschub in der Baubranche sehen. Doch fast zwei Drittel der Bauakteure können keine verstärkte Entwicklung in Richtung Digitalisierung erkennen, ein weiteres Viertel beobachtet nur sehr eingeschränkt ein Plus an Digitalisierung.
Kein Wunder: Schließlich arbeiten auch die deutschen Baubehörden nach wie vor überwiegend noch mit Papier, Fax und Co, BIM-basierte, integral geplanten Bauprojekte sind nach wie vor selten und auch die Digitalisierung der Distributionslogistik steht bei vielen Akteuren erst noch in den Startlöchern. Zudem unterlagen die Betriebe der Baubranche zwar zahlreichen umfangreichen Corona-Auflagen, konnten aber selbst in den Lockdown-Monaten als systemrelevante Branche relativ uneingeschränkt weiterarbeiten – es gab also für viele keine Notwendigkeit in der Krise auch noch die Arbeitsabläufe digital umzugestalten."
Quelle: https://bauinfoconsult.de/press-baubranche-kein-digitalisierungsschub-durch-corona-zu-erkennen/
Da wird wohl jeder seine eigenen Rückschlüsse ziehen. Der Fortschrittsgläubige verzweifelt über die Unbeweglichkeit der Branche. Der Skeptiker sieht sich bestätigt und bemüht sich ansonsten, die bestehenden IT-Strukturen weiterzuentwickeln und die Augen offenzuhalten.